8. Februar 2019 In Projekte & Veranstaltungen, Schulleben By OStr. Mag. Ruth ERLACH

Vertriebene jüdische SchülerInnen und ihre Geschichte

Ein Projekt im Wahlpflichtfach GPB

Eine Gedenktafel mit 89 Namen. Namen von ehemaligen SchülerInnen, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft im April 1938 von unserer Schule verwiesen wurden.

Hinter jedem Namen ein Schicksal. Das war unser großes Ziel: Können wir ein wenig mehr Licht in das Dunkel dieses schrecklichen Kapitels bringen bzw. weitere Informationen über die Geschichte dieser Menschen in Erfahrung bringen?

Lichtinstallation „Projekt OT“ am Moshe-Jahoda-Platz, 1150 Wien (Foto: Astrid Schönwälder)

Wir fingen also noch einmal von vorne an. Unsere wichtigste Informationsquelle waren die Klassenbücher des Jahres 1937/38. Und da war die erste Hürde zu nehmen: Die Eintragungen waren teilweise in Kurrentschrift oder in nicht immer gut leserlicher Handschrift verfasst. Für das erste Problem war ein Kurrentalphabet die Lösung, bei der Leserlichkeit musste man sich hin und wieder einzelne Buchstaben mühsam aus weiteren Eintragungen erkämpfen. Was war der Lohn? Wir hatten nun neben den Namen auch sämtliche Geburtsdaten (und weitere Klassenbucheinträge) in Erfahrung gebracht.

Eben diese Daten ermöglichten uns jetzt den nächsten Rechercheschritt zu unternehmen. Wir besuchten zweimal das DÖW (Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstands). Hier wurden wir von Frau Dr. Schwarz in Empfang genommen, die uns zunächst eine interessante Führung durch die Ausstellung bot, ehe wir ins Innere des DÖW vordringen konnten, um dort weitere Recherchetipps bzw. -möglichkeiten von ihr zu bekommen.

Wieder in der Schule gaben wir sämtliche Namen in die Personendatenbank der Shoah-Opfer-Suchliste ein. Meist lautete die Rückmeldung „Keine Daten gefunden“, was bei Recherchen oft sehr demotivierend sein kann, im Nachhinein von uns aber mit ganz anderen Augen gesehen werden konnte: Laut Auskunft des DÖW lag die Überlebenschance der Betroffenen bei Nichtnennung in der Opferdatenbank bei rund 90 Prozent.

Bei sieben Namen erhielten wir Informationen. Über eine andere Seite des DÖW (Memento Wien.at) fanden wir zu sechs dieser Namen den Eintrag in die jeweilige Transportliste. Weitere Recherchen in internen Datenbanken des DÖW wurden von Frau Dr. Schwarz dankenswerterweise bereitgestellt.

Die Rechercheergebnisse inklusive der Transportlisten sind im Schulhaus ausgehängt.

 

Zum Abschluss dieses Projekts eine paar Reflexionsblitzlichter:

Die Archivarbeit hat mir geholfen zu verstehen, was eigentlich damals passiert ist.

Das Projekt war sehr interessant, es hat mir gefallen ein bisschen mehr über die Vorgeschichte unserer Schule zu erfahren.

Ich finde, dass es für mich eine vielseitige Erfahrung gewesen ist, da man oft nur die Zahlen der Opfer hört und keine persönlichen Informationen über sie erhält. Dieses Projekt hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit dem Leben der Opfer zu beschäftigen.

Das Projekt hat mir sehr gut gefallen, weil wir uns mit dem Jahr 1938 in Österreich, wo sich das Leben vieler Juden geändert hat, auseinandergesetzt haben. Vieler Juden, die eine wunderbare Zukunft vor sich hätten haben können.

Es war leider nur ein kleiner Einblick möglich, aber das Projekt hat einem doch noch einen anderen Blickwinkel verschafft.

Es ist interessant und erschütternd zugleich, dass  von der Schule, die ich besuche, 89 SchülerInnen, die ungefähr in meinem Alter waren, einfach wegen ihrer Religion vertrieben wurden, weil es die Politik so wollte.

Aus den endlosen Zahlen der Toten wurden nun Namen mit Geschichten.

Dieses Projekt war sehr interessant, denn dadurch hat man mit den Opfern eine Art Verbindung hergestellt, da man darüber nachgedacht hat, was diese Menschen mitmachen mussten.

Der Zweite Weltkrieg interessiert mich sehr, weshalb mich das Projekt wahrhaftig gefesselt hat.

Manchmal, wenn ich draußen auf der Straße gehe, denke ich daran, dass hier, auf dieser Straße einst ein Nazi ging. Dass Juden und andere Bürger ebenso auf dieser Straße standen. Danach erinnere ich mich immer an die NS-Zeit und an alle Opfer und deren Familie.

Mag. Astrid Schönwälder;
im Jänner 2019